„Namen und Orte des folgenden
Tatsachenberichts wurden geändert.
Benedicta
Feraudi
Verschwunden im Schwarzwald
Katholische Pfadfinderin
in den Händen einer Sekte
„Dein Herz schwankt, und du
suchst einen festen Halt auf der Erde. – Gut, aber gib acht, daß sich die Stütze,
nach der du greifst, nicht in ein bleiernes Gewicht verwandelt, das dich nach
unten zieht, in eine Kette, die dich zum Sklaven macht.“
(Josemaria Escriva de Balaguer)
Eine höhere Berufung?
„Ich brauche kein Studium. Ich
habe eine höhere Berufung. Ich sehne mich nach meiner Zelle. Eine priesterliche
Person führt mich.“
Wer Sandra gut kannte, konnte über diese Worte nur erschrecken, die sie 24
Stunden nach ihrem plötzlichen Weggang von zu Hause sprach. Hier begann der
Kampf um die psychische Freiheit einer 21-jährigen Studentin, die ohne Abschied
ihre Familie verließ, um sich einem scheinbaren Glück auszuliefern.
Sandra war in die Fänge einer
undurchsichtigen Gruppe geraten.
Ein ganz normales Mädchen
Um zu sehen, wie Sandra sich verändert
hat, sollte man einen kurzen Blick auf ihr früheres Leben werfen. Sandra war
stets ein frisches und ausgeglichenes Mädchen, sie liebte ihre Familie und überraschte
ihre Eltern und Schwestern öfter durch kleine Geschenke. Neben der Familie war
ihr der Einsatz in einer katholischen Pfadfindergruppe sehr wichtig, der sie
durch ihr nüchternes Glaubensleben ein Vorbild sein wollte.
Dabei stand sie mit beiden Füßen auf der Erde, religiöse Schwärmereien
waren ihr fremd.
Auf einem Pfadfinderlager lernte
sie Laura kennen - ein zwar dominantes, aber sonst sympathisches Mädchen. Diese
Beziehung zwischen Sandra und Laura verengte sich so sehr, daß die beiden
Pfadfinderinnen frühere Freundschaften als „unwert“ auflösten. Sandra
begann zunehmend ihr Studium zu vernachlässigen.
Plötzlicher Abschied
Eines Abends eröffnete Sandra
ihren Eltern, sie wolle über Ostern für zwei Wochen zu ihrer Freundin Laura
nach Freiburg fahren. Ihre Mutter war keineswegs begeistert. Sandra war erst vor
Kurzem länger dort gewesen, und die Seminararbeit für die Universität mußte
doch bearbeitet werden. In einem Gespräch zwischen ihr und den Eltern brachte
sie nur weinend die Worte heraus, daß die Messe von Pater Winter und Pfarrer
Friedrich ungültig seien. Die Eltern wunderten sich, denn Sandra hatte diese
zwei eher konservativen Priester immer sehr geschätzt. Wie kam es zu dieser Veränderung?
War es nur ihre Freundin Laura, die sie nach Furtwangen zog? Sandra erklärte,
sie könne im Moment über etwas nicht reden. Wer konnte es sein, der ihr das
Reden unmöglich machte?
Am 3. April 1995 um 13.30 Uhr stand Sandra mit ihrem Rucksack an der Tür. „Ich nehme euch die Entscheidung ab“, sagte sie. „Laura steht mit dem Auto parat.“ Bevor ihre Angehörigen einen klaren Gedanken fassen konnten, war sie schon fort.
Auf dem Kopfkissen ihrer jüngeren
Schwester hinterließ sie einen Brief an diese:
„Liebe Maria,
warum ich Dir schreibe? Weil ich Dir hiermit noch einmal versichern will, daß
ich Dich ganz arg lieb habe! ... Auch wenn ich Dir – weil für Dich alles so
unverständlich ist – sehr weh tun muß. Aber manchmal wie heute, läßt sich
so etwas nicht vermeiden, wenn man Gott mehr gehorchen muß als den Menschen ...
Was Du aber Mama und Papa gerne ausrichten darfst, ist, daß ich beide trotzdem
aus ganzem Herzen lieb habe.“
Letzte Kontakte
Gleich am nächsten Tag fuhren
die Eltern nach Furtwangen, aber Sandra war nicht anzutreffen. So fragten sie
Lauras Mutter Frau Schmitt, wie sie zu diesem plötzlichen Verschwinden stehe.
Diese reagierte barsch: Sandra fühle sich bei ihr wohl und könne sein, wo sie
wolle, da sie ja mündig wäre; das vierte Gebot gelte nur für kleine Kinder.
Deshalb wollten die Eltern mit einem Priester aus dem Nachbarort sprechen, dem
Laura durch ihre Jugendarbeit nahe stand. Stattdessen trafen sie aber auf
Sandra, die dort mit ihrer Freundin Orgel übte.
Zwar konnten die Eltern beide
bewegen, auf den Vorplatz der Kirche zu kommen, aber es war kaum möglich, mit
ihrer Tochter zu sprechen. Sandra starrte ausdruckslos vor sich hin und brachte
abgehackt die schon anfangs genannten Sätze hervor: „Ich brauche kein
Studium. Ich habe eine höhere Berufung. Ich sehne mich nach meiner Zelle. Eine
priesterliche Person führt mich.“
Ein Auto fuhr vor. „Laura und
Sandra steigt ein! Es ist hier zu kalt für euch, ich habe es eilig!“ sagte
die aufgebrachte Mutter von Laura, während sie ausstieg. Die Eltern Sandras
versuchten weiter, mit ihrer Tochter zu sprechen, aber Frau Schmitt stellte sich
dazwischen und sagte mindestens fünfzehnmal Mal: „Sandra! Denk daran, du bist volljährig! Du brauchst
auf deine Eltern nicht zu hören und mußt ihnen nicht antworten.“ Sie
verbreitete eine derartige Hektik, daß jedes Gespräch unmöglich wurde.
Sandra war verunsichert, die
Eltern verzweifelt. Als Sandras Mutter bemerkte, daß es ihrem Mann sichtlich
schlecht ging, bat sie ihre Tochter, nach Hause zu kommen, um das Geschehen der
letzten 24 Stunden in Ruhe zu besprechen. Gleichzeitig versprach sie ihr, sie könne
am nächsten Tag gleich wieder zurückfahren. Sandra war gewillt mitzukommen,
ging zu Frau Schmitt und fragte (!). Diese sagte „nein“ und zog sie ins Auto.
Erst später bestätigte sich der
Verdacht, daß in dem Auto mit Paderborner Kennzeichen der geheime Seelenführer
von Sandra und die „Seherin“ Frau Hiller warteten.
Der Kampf beginnt
Die Eltern waren sich bewußt, daß
ihre Tochter in eine völlig undurchsichtige Gesellschaft gerissen worden war.
Wer verbarg sich hinter diesem geheimen Priester, über den Sandra nie konkrete
Aussagen machen wollte? Was konnten die Eltern tun?
Einige Tage später fanden sie in
Sandras Papierkorb einen Zettel mit dem Namen eines Herrn. Dieser gehört zum
inneren Kreis der Sekte und hat – wie man erfuhr – ebenfalls sämtliche
Beziehungen zu alten Freunden und seinen Verwandten abgebrochen. Über zuverlässige
Dritte erfuhr die Familie, daß dieser Mann Sandra kenne. Sie habe bereits
Schauungen und Laura sei eine Heilige, erklärte dieser Anhänger der Sekte.
Kontakte über Pfadfinder, die
Laura gut kannten, führten auf eine weitere Spur. Herr Fischer, ein
Gymnasiallehrer aus dem Raum Freiburg legte jedoch sofort den Hörer auf, als
die verzweifelten Eltern ihn anriefen. Eine Nachfrage bei seinem Rektor und ein
Hilferuf bei seinen Nachbarn brachte ihnen eine Klage seitens Herrn Fischer ein.
Ein Gymnasiallehrer zieht vor
Gericht
Auch diesen Weg scheute die
Gruppe um Sandra nicht. Der Lehrer und Familienvater Fischer betrachtet sich in
dieser Sekte als Katechet. Ein Zeuge sagte vor Gericht aus, „er habe Gespräche
geführt, an denen nur Laura und Herr Fischer teilgenommen hätten. Laura habe
gegenüber dem Kläger (Anm.: Herr Fischer) in fast anbetender Haltung
dagesessen und nur zugehört, was dieser gesagt habe und dem zugestimmt. Laura
sei ihm gegenüber immer weniger bereit gewesen, sich auf Argumente einzulassen,
sondern habe sich auf Fischer oder ihren Seelenführer berufen. Im Gespräch
habe sie sich immer öfter darauf zurückgezogen, daß sie darüber erst mit
ihrem Seelenführer oder Fischer sprechen müsse, ähnlich habe sich auch Sandra
verhalten.“ [1]
Welche Rolle spielte der Lehrer
Fischer im Lebens Sandras? Im Februar 1995 hatte er noch bei den katholischen
Pfadfindern einen Vortrag gehalten. Zu dieser Veranstaltung erschien er mit der
Seherin Frau Hiller, die auch „Seerose“ genannt wird, und mehreren Personen,
die im Hause der Familie Schmitt wohnen.
Seine Klage gegen die Eltern
Sandras wurde nicht nur abgelehnt, sondern die Beweisaufnahme hat „in
ausreichendem Maße Anknüpfungspunkte ergeben, die es als möglich erscheinen
lassen, daß es religöse Führerschaft und Abhängigkeit gibt.“ [2]
Vor Gericht mußte er zugeben, daß er an einer Veranstaltung von „little
pebble“ in München teilgenommen hatte.
Little Pepple – der neue Papst?
Im Mittelpunkt dieser obskuren
Vereinigung, die übersetzt ‚kleiner
Kieselstein’ heißt, steht der Glaube, daß ihr Gründer ... William Kamm der
zukünftige Papst sein wird. Folgerichtig nennt er sich der ‚kleine Felsen’.[3]
Nachdem der Führer dieser Bewegung angeblich auf Wunsch der Mutter
Gottes seine Frau verließ, um seine junge Sekretärin zu heiraten, wandten sich
viele Anhänger von ihm ab. Viele – gerade konservative Katholiken – hatten
sich täuschen lassen.
Bei der Sekte im Hause der
Familie Schmitt scheint es sich um eine Abspaltung dieser religiösen
Gemeinschaft zu handeln.
Was steckt dahinter ?
Mitte April 95 erhielten die
Eltern Sandras über einen recherchierenden Pfarrer konkrete Auskünfte über
den geheimen Seelenführer ihrer Tochter. Im Generalvikariat Paderborn ist er
kein unbeschriebenes Blatt.
Pastor Weber, ein 1972 aus
psychischen Gründen frühpensionierter Pfarrer, lebte bisher unerkannt bei der
Familie Schmitt im Schwarzwald. Bis 1995 meinte man in der Nachbarschaft noch,
er sei der Ehemann von Frau Kramer und Vater zweier Kinder. Erst durch die
Auseinandersetzung war er gezwungen, sich unverzüglich beim Einwohnermeldeamt
mit richtigem Namen zu melden.
Ein ehemaliger Mitbruder von
Weber sagte den Eltern Sandras einmal, daß Weber für ihn immer etwas Dämonisches
gehabt hätte. Er lehrt die Anhänger der Sekte, ihre Familien zu hassen und
sich von ihnen fernzuhalten. Dadurch bindet er sie an sich und macht sie abhängig.
Eine Verwandte der Famile Schmitt bestätigte, daß im Hause Schmitt viel Haß
gepredigt wird. Die Menschen, die in den Sog von Pastor Weber geraten seien,
mache er zu seinen Werkzeugen.
Aus der Tonaufnahme einer „little
pebble“-Veranstaltung ist zu entnehmen: Weber war früher in engem Kontakt mit
dieser Gruppe, trennte sich aber dann wegen Uneinigkeiten mit ihr. Daraufhin
agiert er nun auf eigene Faust. Mit seinen „Seherinnen“ und „Aposteln“
bildet er einen neuen inneren Kern. Alle, die nicht seinen Standpunkt vertreten,
schließt er konsequent und definitiv aus.
Mehrfach hat er versucht,
Familien zu trennen. So vereitelte er z.B. auch die Heirat eines jahrelangen
„Jüngers“. Dessen Mutter war entsetzt, als sie erkennen mußte, daß ihr
Sohn seit der ersten Beichte bei Pastor Weber völlig in seinem Bann stand.
Was lehrt die Sekte?
Sektenstrukturen sind für Außenstehende
oft schwer zu durchschauen. Alles wird streng geheimgehalten, dennoch konnten
einige der merkwürdigen Ansichten mit Hilfe von Aussteigern und zuverlässigen
Zeugen ans Licht gebracht werden.
Sandra hatte kurz vor ihrem Bruch
mit der Familie angedeutet, daß die hl. Messen bestimmter Priester nicht gültig
seien. In diesem Sinn äußerte Herr Fischer auch einmal, daß der neue Meßritus
nicht mehr lange bestehen werde, aber auch die alte Liturgie würde nicht mehr
eingeführt. Vielmehr gebe es bald ein ganz neues Meßformular, das durch Seher
geoffenbart würde.
Außerdem ist nach Fischer die
Reinkarnation (Wiedergeburt) einiger biblischer Gestalten denkbar. Ein
Aussteiger berichtet in diesem Sinn, daß Pastor Weber sich als reinkarnierter
Melchisedech betrachte, der als Petrus II. den letzten Antipapst vom Thron stürzen
würde. Diese Aufgabe sei dem „little pebble“ abgenommen worden. Die Kinder
von Frau Kramer, die seit der Hausgemeinschaft mit Pastor Weber geboren wurden,
seien vom Hl. Geist. Solche Phänomene würde es in der Endzeit häufiger geben.
Sandras Eltern gelang es, an eine
„Seherbotschaft“ zu kommen, die Pastor Weber handschriftlich Laura und
Sandra zueignete. Vor Gericht mußte er zugeben, daß diese Texte von Frau
Hiller unter dem Namen „Seerose“ verfasst worden waren. „Diese wirren
‚religiösen’ Schriftstücke wurden wiederum unstreitig vom Zeugen Weber den
Zeuginnen Laura Schmitt und Sandra zugänglich gemacht.“[4]
Überschrieben ist der mit einer Schreibmaschine getippte Text mit: „Wort des
Ludwig (W), gegeben durch die ‚Seerose’ am 22. Mai 1995“. Pastor Weber
spricht hier durch das Medium „Seerose“ (Frau Hiller ist Fußpflegerin im
Schwarzwald und besucht fast täglich die Familie Schmitt). Auch seine Lebensgefährtin
(Frau Kramer) mit den „Seherkindern“ hat angeblich Schauungen, die sie als
„Liebesblume vom Heiland“ weitergibt.
Hier nun das „Wort des Ludwig
(W)“, das sich auf ein Telefongespräch zwischen Sandra und ihrem Vater im
April 1995 bezieht.
„Somit wurde der absolute Höhepunkt
an schweren Verleumdungen angegangen und tatsächlich ausgesprochen. Danach
folgt die öffentliche Hetzkampagne und wird zu euch herangetragen im gehässigen
Rufmord. Diesen Schmutz, der dann im Laupingen (Anm.: Ort, wo Frau Hiller als Fußpflegerin arbeitet) ausgebreitet
wird und dich vordergründig geschäftlich und existenztötend ruinieren soll,
überkommt die Laupinger Bürgerschaft wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Achte
nicht darauf, wie die Menschen sich dir gegenüber benehmen sollen, sondern geh
deinen Weg weiter, ohne nach rechts oder links zu schauen. Wir Streiter sind
alle in nächster Umgebung und werden mit übernatürlicher Kraft euch
beistehen, denn meine hauptamtlichen Befugnisse werden erst dann hervorkommen,
wenn der ewige Vater uns dazu den Eingriffsbefehl erteilt. Das bedeutet eine
Gesetzesregelung, die der Endzeit-Apokalypse zugeteilt wurde und beim letzten
Anschlag in Kraft tritt, den der wütende und wild um sich greifende Antichrist
im lebendigen Marco Barbieri (Anm.: der Vater von Sandra) ausübt. Seine
brutalen Angriffe steigern sich nach dem Telefongespräch mit dir ins ohnmächtige
Wutgeschrei, weil er genau erkennen mußte, daß seine Anschuldigungen ihn vors
Gericht zerren werden. Mit diesem Gegenschlag hat er nicht gerechnet, weil er
niemals glaubt, daß seine Tochter Sandra ihm so etwas antun werde. Und darum
konzentriert er sich auf die verdächtigen Personen, die da unmittelbar
beteiligt sind und vor allem tatkräftig mitwirken. So geht das grausame und vorübergehende
Zerstörungswerk des Satansdieners weiter, bis er vor die ernüchternde Tatsache
gestellt wird, daß er sich selbst dem Henkersrichter ausgeliefert hat und alle,
die da mitmachen und sich ihm hin-und herschwankend preisgegeben haben. Denn in
Laupingen werden überraschende Reaktionen hervorkommen im aufhorchenden
Erstaunen, und ihr werdet euch noch wundern, wie sich die einzelnen Menschen
benehmen und zurechtrücken wollen.
Geht dem gelassen und nüchtern
abwägend entgegen und glaubt an die letztendliche Zurechtweisung, die
hereinbricht im furchtbaren Himmelsgetöse. Dann ist eure Zeit gekommen, die
euch beweist, wie der ewige Vater gerade diesen Kohorten Antichrist gebraucht
hat für sein Werk der absoluten Gottesherrschaft. Das bedeutet eine Säuberungsaktion
von weitreichenden und ungeheuerlichen Ausmaßen, die gerade am Ort der Neuen
und Ewigen Kirchenstadt wichtig und unerläßlich ist, denn die Gemüter der
einst Versagten werden sich so anschwellend erhitzen im nicht mehr orientierten
Durchblicken, daß es schon sein kann, daß sie zu dir kommen, um ihren
Seelenzustand aufheulend auszuschütten.
So kommt die Wahl der Qual, zumal
sie wissen, daß du als Sprachrohr des Himmels eingesetzt bist. Denn das
erschwert die Entscheidungssituation ganz erheblich, und selbst der unsicher
gewordene Stadtpfarrer wird von dieser unausweichlichen Ausgangslage hin- und
hergerissen, zumal er von diesem Öffentlichkeitsdelikt dem Erzbischof in
Freiburg Bericht erstatten muß. Damit kommt ein Stein ins Rollen, der dem
Bistum Freiburg die letzte irdische Befugnisentscheidung abverlangt und die Bewährungsfrist
aller Mitbeteiligten endgültig entscheidet. Seid stark im unerschütterlichen
Gottvertrauen und vertraut auf die allmächtige Führung des Himmlischen und
Ewigen Vaters. Ganz nahe bin ich bei euch.“
Der Text spricht für sich. Der
Auswertung des Psychiaters zufolge hat dieser Text gravierende psychopathische Züge.
Die Tatsache, daß Sandra bereit ist, solche Inhalte hinzunehmen, zeigt
eindeutig ihre beschränkte Urteilsfähigkeit. Nur die psychologische Abhängigkeit
kann erklären, wie ein vorher intelligentes Mädchen derartigen Verirrungen
kritiklos gegenübersteht.
Absoluter Gehorsam
Als die Eltern Sandras das letzte
Mal ihre Tochter kurz auf der Straße sprechen konnten, wäre sie fast bereit
gewesen, mit nach Hause zu fahren, um dort alles zu klären. Doch zuerst mußte
sie Lauras Mutter fragen. Die sagte nein, also blieb Sandra bei der Sekte.
Wie weit dieser Gehorsam geht,
ist durch die Zeugenverhandlungen vor Gericht deutlich geworden. So berichtet
ein Zeuge über Laura: „Gerade fällt
mir noch ein, was ich auch aus einer Erzählung meiner Frau weiß (Anmerkung:
die Frau des Zeugen war mit Laura befreundet): Sie hatte einmal auf einer Fahrt
zusammen mit Laura Schmitt auf der Autobahn einen Autounfall. Dieser war geringfügig
und es war die Frage, wie und ob die Reise fortgesetzt werden sollte. Laura
Schmitt hat damals ihren Seelenführer angerufen und dieser hat geäußert,
dieser Unfall sei ein Zeichen des Himmels und man solle die Reise nicht
fortsetzen. Die Fahrt ist dann auch nicht durchgeführt worden.“[5]
Laura selbst äußerte, daß sich
der geforderte Gehorsam auch über objektiv moralische Werte hinwegsetzen könne.
„Was der Seelenführer und Herr Fischer gesagt hätten, sei von Laura Schmitt
absolut gesetzt worden.“[6]
Sandra bewirft jetzt ihr
Elternhaus, wo sie eine glückliche Kindheit und Jugend verbrachte, mit Schmutz.
Ihr Abschiedsbrief beweist, daß sie ihre Eltern damals noch liebte. Im Gehorsam
gegen den Seelenführer meidet sie aber jeden Kontakt zu ihrer Familie. Sie
bezeichnet ihre ältere Schwester als „falsche Schlange“ und die Eltern als
„Werkzeuge des Satans“.
Und kein Ende abzusehen
Seit 3 Jahren lebt Sandra schon
unter einem Dach mit Pastor Weber. Alle Bemühungen der Eltern blieben umsonst.
Die Sekte versteht es geschickt, durch ihre „Offenbahrungen“ ein Feindbild
gegen die Familie aufrecht zu erhalten. Obwohl die „religiöse Gemeinschaft“
zahlreiche Klagen vor Gericht verlor, ging ihr das Geld nicht aus.
Laut den Angaben von einigen
Nachbarn entstehe zur Zeit ein neues „Sektenzentrum“, das Herr Fischer für
seine religiösen Aktivitäten nutzen möchte. Auch Laura und Sandra wurden bei
den Renovierungsarbeiten dort gesehen.
Es handelt sich hier nicht um
eine der großen Jugendsekten, die viele Menschen in ihren Bann ziehen. Trotzdem
gibt es im deutschsprachigen
Raum – einem Sektenbeauftragten zufolge – keine Sekte, die derart radikal
die Familie trennt und jeden Kontakt verhindert.
Für gut katholische Familien
sind nicht die Mun- oder Bagwhan-Sekte gefährlich, sondern selbsternannte Seher
und Propheten, die unter dem Deckmantel scheinbarer Frömmigkeit Menschen in
ihren Bann ziehen, die vorher der katholischen Kirche stark verbunden waren.
Namenliste
Sandra: Opfer der Sekte. Wurde durch Laura hineingezogen. Seit 3
Jahren kein Kontakt mehr zur Familie. „Seherin“.
Laura: Opfer der Sekte und Tochter von Frau Schmitt.
„Heilige“.
Frau Schmitt: Mutter von Laura und fanatisches
Opfer der Sekte. Ihr gehört das Haus, in dem der Sektenführer Weber mit seiner
Lebensgefährtin und zwei „Seherkindern“ wohnt.
Pastor Weber: Aus psychischen Gründen frühpensionierter
Priester der katholischen Kirche. Spaltete sich von der „little
pebble“-Bewegung ab und umgibt sich mit einem Kreis von Anhängern, von denen
absoluter Gehorsam verlangt wird.
Herr Fischer: Gymnasiallehrer und
Familienvater. Versteht sich als Apostel und Katechet der Sekte.
Frau Hiller: Fußpflegerin aus einem
Nachbarort, die sich häufig im Haus von Frau Schmitt aufhält. Erhält unter
dem Namen „Seerose“ angeblich Botschaften vom Himmel.
Frau Kramer: Lebensgefährtin von Pastor
Weber. Sie behauptet, Schauungen zu haben, die sie als „Liebesblume vom
Heiland“ weitergibt. Ihre zwei Kinder werden in der Sekte als
„Seherkinder“ verehrt.
Pfarrer Friedrich: Diesen Priester schätzte Sandra
früher aufgrund dessen konservativer Einstellung.
Pater Winter: Diesen Priester schätze Sandra
früher aufgrund dessen
konservativer Einstellung.
Maria: Jüngere Schwester von Sandra.
Marco Barbieri: Vater von Sandra. Wird von der
Sekte als „Antichrist“ bezeichnet.
Benedicta Feraudi, geb. 1979, ist die jüngste von drei Schwestern. Sie erzählt eine wahre Geschichte, die sie in ihrem nächsten Bekanntenkreis erfahren hat. Ein erschütternder Bericht darüber, wie eine konkrete Sekte arbeitet. Eine Warnung für Jugendliche und Erwachsene, die oft ahnungslos in den Einfluß von Sekten geraten können, wenn sie nicht richtig informiert sind.“
Fußnoten
[1] aus der Urteilsbegründung vom
20.11.96
[2] ebd.
[3] Bernd Marz, "Sekten - Verschwunden
im Schwarzwald", in: Kirche Intern 12/97
[4] aus der Urteilsbegründung vom 20.11.96
[5] aus dem Protokoll der Zeugenvernehmung
vom 26.6.96
[6] aus der Urteilsbegründung vom 20.11.96